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Baute oder Anlage: Die Pergola

Wann wird eine Pergola zur Baute? Und wann bleibt sie eine Anlage? Diese scheinbar banale Unterscheidung kann im Baurecht erhebliche Konsequenzen haben – etwa im Hinblick auf Bewilligungspflichten oder Grenzabstandsvorschriften. Die Luzerner Gerichte haben hierzu eine bemerkenswert klare und über die Jahre gefestigte Praxis entwickelt. Im Folgenden fasse ich diese anhand relevanter Urteile zusammen – mit besonderem Blick auf die Pergola.

 

Was ist eine „Baute“?

In LGVE 2009 II Nr. 16 definierte das damalige Verwaltungsgericht des Kantons Luzern die Baute als ein Gebäude oder eine überdachte bauliche Anlage, die geeignet ist, Menschen, Tiere oder Sachen vor äusseren Einflüssen zu schützen. Ein schützendes Dach – auch wenn es nur auf Pfosten ruht – genügt, Wände sind nicht zwingend.

Das Urteil V 10 364 vom 31.5.2011 E. 5b bestätigte diese Definition. Später relativierte das Gericht im Entscheid V 11 164 vom 5.1.2012 E. 7b das Dach-Erfordernis weiter: Eine Baute könne auch ohne Dach oder Wände bestehen, sofern ihre Wirkung auf die Umgebung relevant sei. Dies wurde durch das Bundesgericht in 1C_267/2011 vom 16.9.2011 E. 2.3 bestätigt.

 

Was ist eine „Anlage“?

In V 09 28 vom 3.11.2009 E. 6b.cc, zit. in LGVE 2009 II Nr. 16, wurde der Begriff „Anlage“ definiert als Einrichtung, die das Gelände oder den Raum verändert – z. B. Parkplätze, Rampen, Cheminées, Pergolen etc. Diese Kategorie greift, wenn kein schützendes Dach vorhanden ist.

 

Die Pergola im Fokus

Der Begriff „Pergola“ stammt aus dem Italienischen und bezeichnet eine offene Balkenkonstruktion ohne Dach oder Wände, gedacht als Rankhilfe für Pflanzen (Koepf/Binding, Bildwörterbuch der Architektur, 1999).

Solche Pergolen wurden in folgenden Urteilen konsequent als Anlagen qualifiziert:

  • LGVE 1993 II Nr. 20 E. 2

  • V 04 2 vom 17.2.2005 E. 5c

  • V 10 8 vom 19.7.2010 E. 7b

  • V 10 364 vom 31.5.2011 E. 6c.bb

Eine Ausnahme besteht, wenn ein schützendes, ausfahrbares Dach vorhanden ist (z. B. elektrischer Storen). Dann wird die Pergola zur Baute, wie in V 10 364 E. 6c.ff.

 

Festhalten an der Praxis

Auch nach der weiteren Öffnung des Bautenbegriffs wurde in Bezug auf Pergolen an der bisherigen Praxis festgehalten:

  • 7H 17 134 vom 3.1.2018, teilw. publ. in LGVE 2018 IV Nr. 7

  • 7H 19 171 vom 16.6.2020, bestätigt durch BGer 1C_445/2020

  • 7H 19 314 vom 20.4.2021 E. 10.3

Darin wurde betont, dass gerade bei Pergolen das Kriterium eines schutzbietenden Dachs entscheidend bleibt – etwa ein „Blätterdach“ genügt nicht.

 

Fazit

Pergolen ohne Dach und Seitenwände gelten nach gefestigter Luzerner Rechtsprechung als Anlagen – sie sind nicht bewilligungspflichtig nach den Regeln für Bauten und unterstehen insbesondere nicht den Grenzabstandsvorschriften für Gebäude.

Eine Pergola wird erst dann zur Baute, wenn sie dauerhaft Witterungsschutz bietet – z. B. durch ein festes oder ausfahrbares Dach.

 

Für konkrete Fragen zur Qualifikation einer Pergola stehe ich Ihnen gerne beratend zur Seite.

 

Mario Schenkel, MLaw
Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht – Luzern